Digitalisierung nur freiwillig

Wir nähern uns mit großen Schritten der Bundestagswahl!

Und mancherorts brodelt es hinter den Kulissen – die (An)-Spannung steigt, und damit auch der Druck auf die verantwortlichen Politikerinnen und Politiker.

In einem Brief an die Parteispitze der FDP positioniert sich der Landesfachausschuss Gesundheit und Pflege der FDP Bayern und erinnert an einen grundlegenden Parteibeschluss der Liberalen, der die Freiwilligkeit aller digitalen Anwendungen für Patienten und medizinisch tätige Nutzer im Gesundheitswesen fordert.

Nachfolgend finden Sie den Brief im originalen Wortlaut. Unsere Bitte:
Teilen Sie diesen, diskutieren Sie mit uns auf den verschiedenen Plattformen, beim ÄND, in den sozialen Medien. Helfen Sie uns, dass niemand mehr weggucken kann.

 


 

Sehr geehrter Herr Lindner, sehr geehrte Damen und Herren des Bundesvorstandes, Lieber Daniel Föst, liebe Mitglieder des Landesvorstandes Bayern,

„Die Digitalisierung ist kein Wert an sich, sondern sie hat das Potential den Arbeitsalltag von allen Gesundheitsakteuren zu erleichtern. “ – so steht es in unserem aktuellen Bundeswahlprogramm. In der Tat ist Digitalisierung – gerade im Gesundheitswesen – kein Selbstzweck, sondern sollte den Nutzen für den Menschen immer im Blick behalten.

In diesem Zusammenhang möchten wir, der Landesfachausschuss für Gesundheit und Pflege der FDP Bayern, an unsere Beschlusslage des Bundesparteitages vom April 2016 zur Digitalisierung im Gesundheitswesen erinnern, der mit großer Mehrheit angenommen wurde, Hier heißt es auf S.17und 18:

„V. Wir leben in neuer Qualität. Mit mehr Chancen auf ein besseres Gesundheitssystem.

Im Mittelpunkt eines liberalen Gesellschaftsbildes steht immer der Mensch und sein freier Wille, dies gilt insbesondere auch und immer in der gesundheitlichen Versorgung – hier steht immer der Patient, der kranke Mensch, im Mittelpunkt der Betrachtung. Digitale Anwendungen sind dabei immer nur Hilfsmittel, die dazu dienen sollen die Qualität und Effizienz der medizinischen Versorgung zu verbessern bzw. den Zugang zu medizinischer Versorgung für den Patienten zu erleichtern. Wie in anderen Lebensbereichen auch wird sich die Digitalisierung im Gesundheitswesen rasch verbreiten. So werden in den nächsten Jahren digitale Anwendungen in der innerärztlichen Kommunikation und im Austausch zwischen Patient und Arzt zunehmend eingesetzt werden. Gerade darum muss der Umgang mit diesen neuen Technologien sorgsam betrachtet und im liberalen Sinne für die Menschen nutzbar gemacht und geregelt werden.

Durch den Ausbau digitaler Anwendungen im Gesundheitswesen können evidenzbasierte Medizin, Arzneimittelsicherheit, Forschung und Innovation gestärkt und Arbeitsplätze geschaffen werden. Ergänzt und geleitet ist diese technische Nutzung aber immer auch von der Erfahrung des Arztes und Therapeuten und durch den liberalen und humanitären Wertekanon, der Missbrauch neuer Technologien verhindern hilft. „German Mut“ paart sich mit „German Hirn“ und „German Herz“.

Voraussetzung für die Digitalisierung in unserer Gesundheitsversorgung und -vorsorge bleibt, dass die Nutzung für Patient und Therapeut freiwillig bleibt. Er entscheidet, ob und wie weitgehend er neue Technologien nutzen will. Datensicherheit wird garantiert und die Patientinnen und Patienten behalten immer die Hoheit über ihre persönlichen Gesundheitsdaten. Dem Patienten soll die Möglichkeit eröffnet werden, auf einem standardisierten Datenträger seine medizinischen Daten mit sich zu führen. Diese sind jedoch von den reinen Abrechnungs- und Verwaltungsdaten der Krankenkassen zu trennen, um dem Patienten die Sicherheit zu geben, dass nur er entscheidet, welche medizinischen Daten auch Dritten, wie seiner Krankenkasse, zugänglich gemacht werden.

Daher setzen wir Freien Demokraten uns dafür ein:

• Förderung von digitalen Anwendungen im Gesundheitswesen auf freiwilliger Basis.
• Die technischen Möglichkeiten des direkten und sicheren Datenaustauschs zwischen den Beteiligten im Gesundheitswesen zu unterstützen, sofern notwendig und vom Patienten gewünscht. Es muss dabei gewährleistet sein, dass ein höchstmögliches Niveau an Datenschutz und –sicherheit besteht.

• Die Bürger selbst sind Eigentümer ihrer Gesundheitsdaten und entscheiden über deren Nutzung in geeigneter Form (z. B. anonymisierte und pseudonymiserte Form bei wissenschaftlicher Nutzung).
• Rahmenbedingungen für eine sichere Digitalisierung des Gesundheitssystems sind zu schaffen, die sich am Bürger als dessen Nutzer orientiert und die Hoheit des Bürgers über seine medizinischen Daten gewährleistet.

• Der Staat ist hier allenfalls Garant dafür, dass kein Missbrauch der Daten seiner Bürger betrieben wird. Er darf selbst nicht zum Missbraucher der Daten werden.“

 

Dieser Beschluss zeigt neben der Innovationsfreude unserer Parteitagsdelegierten auch deren Weitblick im Sinne unserer liberalen Grundhaltung, die auf die Eigenverantwortung der Bürger setzt und dem Schutz persönlicher Daten eine hohe Priorität einräumt.

Gerade die Fehlentwicklung der inzwischen weitgehend staatlich organisierten und verantworteten Telematik-Infrastruktur zeigt, dass wir in Bezug auf die sensibelsten (Gesundheits-) Daten unserer Bevölkerung hier die informationelle Selbstbestimmung der Bürger wahren und hohe Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit stellen müssen.
Eine digitale Technik, die Vorteile für Patienten und Therapeuten bringt, braucht keinen Zwang zur Implementierung oder Umsetzung, sondern wird durch die Vorteile dieser digitalen Hilfsmittel erlebbar. Entsprechende Techniken werden sich – oder haben sich bereits – durchgesetzt und werden benutzt, so sie denn Vorteile für die Diagnostik und Therapie bringen.

Wir ersuchen daher, den Bundesvorstand in Erinnerung an diesen weiterhin gültigen Bundesparteitagsbeschluss, auch in potentiellen Koalitionsverhandlungen in den entsprechenden Vertrag aufzunehmen und zu würdigen, respektive auch in Regierungsverantwortung, den Geist dieser liberalen Grundsätze einfließen zu lassen. Unseren Landesvorstand und unsere zukünftigen bayerischen Bundestagsmitglieder bitten wir um entsprechende Unterstützung.

Digitalisierung im Gesundheitswesen muss sich am Nutzen orientieren und muss für alle Beteiligten – Patient und Arzt – freiwillig sein oder wieder werden. Die Nutzung von medizinischen Daten setzt immer das Einverständnis und die aktive Einwilligung des Datengebers (des Patienten) voraus. Zur Gewährleistung eines gut funktionierenden medizinischen Systems, auch in Not- und Krisenzeiten, braucht es Ersatzverfahren, die einen reibungslosen Zugang zu Gesundheitsleistungen, insbesondere der gesetzlich verankerten, in jedem Fall ermöglichen und garantieren. Digitalisierung darf auch nicht zum Hemmnis für einen niederschwelligen Zugang zu Gesundheitsleistungen werden, denn gerade dieser hat unser Gesundheitswesen zu einem der besten der Welt gemacht.

Wir freuen uns auf einen erfolgreichen Wahlkampf und hoffentlich auf eine Regierungsbeteiligung in der kommenden Legislatur, die dem Regierungshandeln eine deutlich liberale Prägung verleihen wird.

 

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Dunker

Dr. Ilka M. Enger

Für den LFA Gesundheit und Pflege der FDP Bayern


 

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