Pressemitteilung: Fehlstart mit Ansage – die elektronische AU

Fehlstart mit Ansage – die elektronische AU

Seit Jahresbeginn sollten die gelben „Krankenscheine“ mit den zwei Durchschlägen eigentlich Geschichte sein. Ein erprobtes Verfahren sollte durch Digitalisierung eine Reduzierung der „Zettelwirtschaft“ bringen, so die politische Ansage.

Leider hat man sich dabei einmal mehr „verzettelt“ und schafft ein Chaos mit Ansage. Und so verwundert es nicht, dass bereits die ersten Krankenkassen darüber klagen, dass es mal wieder nicht funktioniert.
Für Versicherte soll das neue Verfahren Erleichterung bringen: Bislang sind Arbeitnehmer dazu verpflichtet, ihrem Arbeitgeber spätestens ab dem vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit die AU-Bescheinigung vorzulegen oder zuzuschicken. Eine Ausführung müssen sie an die Krankenkasse weiterreichen.

„Diese Bringschuld des Arbeitnehmers soll nun durch eine Holschuld des Arbeitgebers ersetzt werden, der in Zukunft bei den Krankenkassen seiner Mitarbeiter elektronisch eine Bestätigung der AU anfordern muss,“ so Ilka Enger, 1. Vorsitzende der Ig Med. „Allerdings hat sich arbeitsrechtlich nichts verändert, das heißt, nach wie vor bleibt die Pflicht zur Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Entgeltfortzahlungsgesetz bestehen. Die eAU schafft hier also mehr Verunsicherung und eine juristische Lücke.“

Bereits im ersten Schritt der Einführung der eAU, die die Praxen verpflichtet, die eAU an die Krankenkassen zu übermitteln, zeigte die Schwächen des Systems. Viele der angeschlossenen Praxen klagen darüber, dass die Übermittlung der AU nicht richtig funktioniert, häufig wiederholt werden muss und manchmal die „elektronische“ AU dann postalisch an die Krankenkasse geschickt werden muss – mit entsprechenden zeitlichen Verzögerungen.

„Es ist also klar, dass die e-AU zwar eine Entlastung für die Krankenkassen, aber keine Entlastung für die Praxen darstellt. Im Durchschnitt hat jeder Kassenarzt pro Patient nur ein paar Minuten Zeit, da machen 50 Sekunden Mehraufwand für die e-AU (laut KBV) natürlich viel aus, der Einsatz der e-AU ist so nicht tragbar“ so Steffen Grüner, Hausarzt in der IG Med.

Etliche Praxen sind nach wie vor aus Sicherheitsbedenken nicht an die Telematik-Infrastruktur angeschlossen – auch diese werden weiterhin die AU in der herkömmlichen Form benutzen.

Ebenso sind Privatärzte, Ärzte im Ausland, Rehabilitationseinrichtungen und Physio- sowie Psychotherapeuten sind an dem Verfahren noch nicht beteiligt. Außerdem fehlt es noch an einer gesetzlichen Regelung, um auch für Privatversicherte ein entsprechendes Angebot umzusetzen.“ so C. Beeg, Zahnarzt von der IG Med. „Und auch die Arbeits- und Sozialämter sind nicht in der Lage, die eAU abzufragen. Auch hier braucht es weiterhin ein ausgedrucktes Exemplar.“

Für die Arbeitgeber wiederum dürfte das eAU-Verahren auch eine unangenehme Überraschung des neuen Jahres werden. Denn die meisten – gerade kleine – Unternehmen ahnen noch gar nichts von diesem Verfahren und wie umständlich es für sie umzusetzen sein wird. Denn sie müssen in Zukunft die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung anfordern und erhalten dann eine PDF als Bestätigung von den Krankenkassen. Und das dürfen sie dann bei länger bestehender Arbeitsunfähigkeit alle 14 Tage wiederholen. Da freut sich dann die Lohnbuchhaltung bzw. der Steuerberater über die zusätzliche, kostenpflichtige Arbeit.

Die IG Med e.V. ist eine Vereinigung der im medizinischen System am und für die Patienten selbständig Tätigen.

 

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