Hund, Katze, Maus – wenn die Gesundheit des Hundes mehr wert ist als die von Herrchen und Frauchen

Des Deutschen liebstes Kind ist sein Haustier – auch während der Coronazeit ist die Bereitschaft der Deutschen gewachsen für ihre tierischen Mitbewohner ordentlich in die Tasche zu greifen – auch, was die tiermedizinische Versorgung angeht. Mit der Begründung „Tierwohl verbessern“ wurde jetzt vom Landwirtschaftsminister Cem Özdemir die Gebührenordnung der Tierärzte reformiert und den Anforderungen der modernen Tiermedizin angepasst.

„Und damit steht für uns Ärzte und Zahnärzte die Frage im Raum, ob die Gesundheit von Herrchen und Frauchen weniger wert sein darf, also die von Hund, Katze, Maus oder Goldfisch,“ erklärt Ilka Enger, Vorsitzende der IG Med e.V. „Wir blicken als Ärzte und Zahnärzte neidisch auf eine moderne Gebührenordnung für tiermedizinische Leistungen, während unsere Gebührenordnungen nach über 30 Jahren nicht angepasst wurde – weder an ein modernes Preisgefüge, noch an den medizinischen Fortschritt.“

Man stelle sich vor, dass ein heutiger Arbeitnehmer mit der Lohntüte aus dem Jahr 1980 seine heutigen Lebenshaltungskosten von Energie über Miete, bis Lebensmitteleinkauf und die Anschaffungen für ein modernes Leben bewältigen sollte – ein Unding.

Genau das passiert aber denjenigen, die im medizinischen Bereich angeblich für das höchste Gut des Menschen – seine Gesundheit – zuständig sind.

„Eine Gewerkschaft würde so eine Entwicklung niemals hinnehmen,“ erklärt Steffen Grüner, stellv. Vorsitzender der IG Med, die sich als Gewerkschaft für die in der ambulanten Medizin Tätigen begreift. „Wir erwarten deshalb endlich eine spürbare Anpassung der Gebührenordnung für Ärzte und Zahnärzte, die seit Jahrzehnten diskutiert, aber nicht durchgesetzt wurde.“

Dabei sieht die IG Med auch die über 10 Jahre entwickelte GOÄneu kritisch, die als politisch erzwungener Kompromiss zwischen Privater Krankenversicherung und der Bundesärztekammer verhandelt wurde. Nicht nur die Verzögerungstaktik, die eine adäquate Vergütung ärztlicher Leistung eine weitere Dekade verhindert hat, prangert die IG Med an, auch die Ausgestaltung der GOÄ zeigt, dass es eher darum geht, weiterhin gerade für Beamte und Beihilfeempfänger des Staates Geld zu sparen und dabei das Risiko für private Krankenversicherung zu minimieren, als darum, dass medizinische Leistungen adäquat und betriebswirtschaftlich tragfähig finanziert werden.

„Es ist ein Skandal, wie sich seit 30 Jahren alle Regierungen davor gedrückt haben, ihrer Verpflichtung gegenüber den medizinischen Freiberuflern gerecht zu werden,“ erklärt Annette Apel, 2. stellv. Vorsitzende und Zahnärztin. „Was die meisten nicht wissen, ist, dass – wie bei den Tierärzten – die Bundesregierung die Preisliste für medizinische Leistungen beschließt und diese dann auch für unsere Rechnungen rechtsverbindlichen Charakter haben.“

Auch hier versage die verantwortliche Politik und verschärfe die Bedingungen in der medizinischen Versorgung, so dass es für junge Ärzte nicht mehr erstrebenswert ist, sich als Selbständiger in der Medizin zu engagieren. Die Weigerung des jetzt amtierenden Gesundheitsministers Karl Lauterbach, sich mit dem Thema Gebührenordnung für Ärzte und Zahnärzte auseinanderzusetzen, ist verantwortungslos und trägt zum Niedergang der medizinischen Versorgung in Deutschland bei.

Beschlüsse des deutschen Ärztetages aus dem vergangenen Jahr weist nun den Weg, wie es weitergehen muss. Ein Ultimatum, dass die Umsetzung der GOÄ bis 31.12.2022 vorangetrieben werden soll, ist inzwischen verstrichen, so dass nun die Bundesärztekammer gefordert ist.

„Wir erwarten, dass nun als erste Notmaßnahme eine Erhöhung der Steigerungsfaktoren auf den 4-fachen Satz im Normalfall und auf den 8-fachen Satz bei besonderer Erschwernis von der Bundesärztekammer verbindlich empfohlen wird, sagt Enger. „Gleichzeitig brauchen wir klare Vorgaben der BÄK zur Abdingung und eine Information der Patienten zu diesen Regelungen über die Medien.“

Weiterhin fordert die IG Med, dass der schlechte Kompromissvorschlag der GOÄneu sofort zurückgezogen wird und ein ärztlicher Vorschlag für eine GOÄ-Reform erfolgt, die die betriebswirtschaftlichen Bedingungen der Praxen berücksichtigt und den medizinischen Fortschritt berücksichtigt. Analog gilt diese Forderung auch für die zahnärztlichen Leistungen.

„Dabei darf man sich auch gerne an der Gebührenordnung für Tierärzte orientieren,“ erläutert Rolf Mahlke, Pressesprecher der IG Med. „Denn Cem Özdemir und seiner Expertengruppe ist da ein guter Wurf gelungen. Und wir sind der Meinung, dass die Gesundheit des Menschen nach wie vor mehr Wert sein sollte, als die von Haustieren, so gern wir unsere tierischen Lieblinge auch haben.“

Ansonsten – so die IG Med – muss man vielleicht auch den Schritt gehen, analog zur GOT auch die Behandlung von „Humanoiden Primaten“ abzurechnen, die ja auch zu den Säugetieren gehören.

Die IG Med e.V. ist eine Vereinigung der im medizinischen System am und für die Patienten selbständig Tätigen.

Hier die Pressemitteilung als Download:

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