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Regresse könnten wesentlicher Teil des Ärztemangelproblems in Sachsen sein

Vor etwa 2 Wochen hatte die Interessengemeinschaft Medizin (IG Med) sich im Namen ihres neu gegründeten Landesverbandes an die kassenärztliche Vereinigung Sachsen gewandt. Der Grund – nicht wenige Ärzte in Sachsen sehen sich immer wieder Regressverfahren ausgesetzt, wenn sie mehr Patienten betreuen oder notwendige Leistungen erbringen und abrechnen. Und bei den sächsischen Ärzten geht deshalb die Angst um.

„In Anbetracht der Tatsache, dass Herr Spahn mit seinem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG), welches derzeit im Gesundheitsausschuss diskutiert wird, die gesetzgeberische Keule auspackt, um Ärzte zu mehr Pflichtsprechstunden und notfallmäßigen offenen Terminen zu nötigen , mutet es schon seltsam an, dass gleichzeitig Kollegen, die mehr Arbeit am Patienten leisten, mit teils existentiell bedrohenden Honorarrückforderungen bestraft werden können,“ erklärt Dr. Ilka Enger, Vorsitzende der IG Med und zeigt sich gleichzeitig enttäuscht von dem Schweigen der angesprochenen KV in Sachsen. „Wir haben lediglich danach gefragt, wie die KV Sachsen die Prüfungen zur Zeitplausibilität handhabt und ob es dabei Unterschiede zu anderen Landes-KVen gibt.“

Bis zum heutigen Datum ist die KV Sachsen die Antworten auf die schriftliche Anfrage der IG Med schuldig geblieben. Die IG Med hält dieses Vorgehen für unkollegial. Die KV Sachsen zeige damit einmal mehr, dass sie inzwischen zur subalternen Behörde des Gesundheitsministeriums geworden ist und sich von einer von Ärzten finanzierten Interessensvertretung weit entfernt hat.

„Wir sind allerdings anscheinend nicht die Einzigen, die bei den kassenärztlichen Vereinigungen abblitzen“, ergänzt Steffen Grüner, ebenfalls im Vorstand der IG Med. „Eine kleine Anfrage im Bundestag zu der Regress-Situation in verschiedenen Bundesländern ergab, dass die Bundesregierung nicht über Anzahl und Art der Regressverfahren informiert ist und sich hinter einem Verweis auf die Selbstverwaltung zurückziehen muss.“

Dabei, so die IG Med, gebe es nicht „das Regressverfahren“. Der Gesetzgeber hat der sog. Selbstverwaltung diverse Prüf- und Sanktionsmechanismen an die Hand gegeben, um angeblich unwirtschaftliches Verhalten der Ärzte zu ahnden und sich dabei nicht unerhebliche Summen an Honorar und Verordnungskosten zurückzuholen. Dabei geht es um Arznei – und Heilmittel, aber eben auch um zu viel geleistete ärztliche Arbeitszeit. Geprüft wird in einem Durchschnittsverfahren, aber auch, wenn die Kasse der Meinung ist, dass ein Medikament bei einem speziellen Patienten nicht indiziert war, gibt es sog. Einzelregresse.

So kämen in all diesen Feldern Rückforderungen in Millionenhöhe zustande, die den Ärzten neben einem zunehmend geschmälerten Honorar auch noch Verluste bescheren würden, die für einzelne Praxen existenzbedrohend sind.

„Der Arzt bewegt sich beständig in einem Minenfeld – nur dass die Rregressbomben erst mit einer Zeitverzögerung bis zu 4 Jahren hochgehen und dem Arzt notfalls seine Praxis sprengen,“ erläutert Enger. „Es ist zynisch, wenn die Politik darauf hinweist, dass Regresse doch gar nicht so schlimm seien – sie sind wie eine terroristische Bedrohung, die dem Praxisinhaber ständig im Hinterkopf  bleibt und sie verlagert die Verantwortung für die Krankheitskosten auf den Arzt.“

In Sachsen geht es speziell um sog. „Zeitplausi-Prüfungen“. Jede ärztliche Leistung ist mit einem Zeitbudget versehen. Der Arzt hat eine Gesamtquartalszeit. Ist sein Quartalszeitbudget aufgebraucht, droht ihm eine Prüfung, ob seine Leistungen denn überhaupt plausibel sind – er wird indirekt mit dem Verdacht des Betruges konfrontiert.

„Kommt jetzt das „Spahngesetz“, so sitzt solch ein Kollege in einer doppelten Zwickmühle – arbeitet er seine Pflichtsprechstunden nicht ab, droht ihm der teilweise Zulassungsentzug, macht er noch zusätzlich Hausbesuche und spezielle Leistungen, so droht ihm ein „Zeitregress“,“ erklärt Enger. „Die KV Sachsen wiederum scheint sich hier als besonders harter Strafverfolger bei den Kassen beliebt machen zu wollen und nimmt dabei wohl auch in Kauf, dass sie damit den einen oder anderen Arzt aus dem ungastlichen sächsischen Gesundheitssystem vertreibt. Gleichzeitig bejammert sie aber auch den Ärztemangel gerade bei Neurologen.“

Die IG Med erwartet von der sächsischen Politik, dass sie sich dieses Themas nun gerade im Landtagswahlkampf annimmt und mit der KV Sachsen zu Lösungen kommt, die den sächsischen Ärzten ein bedrohungsfreies Arbeiten in der Patientenbehandlung ermöglichen.

„Man darf nicht länger die Patientenversorgung allein auf dem Rücken der Ärzteschaft betreiben,“ erklärt Lohmann, Organisator des LV Sachsen. „Wir sind es leid, beständig den Gesetzgebungsoverkill ausbaden zu müssen. Unter den heutigen und für die Zukunft angedachten Bedingungen können wir nicht länger für unsere Patienten tätig sein. Man riskiert hier den Niedergang des bundesdeutschen und in unserem Falle sächsischen Gesundheitswesens.“

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